Geschwister Kuhfuß

Johanna Kuhfuß (geb. 27. September 1928) und ihr jüngerer Bruder Karl-Heinz Kuhfuß (geb. 11. Dezember 1930) wuchsen in Werder (Havel) in der Carmenstraße 1 auf. Die Familie betrieb dort eine gut bekannte Konditorei. Die Geschwister waren Teil einer aktiven, lebendigen Jugendlichen Szene im Werder der Nachkriegsjahre. In dieser Zeit suchten viele junge Menschen nach neuer Orientierung, nach Freiheit, nach Möglichkeiten, das eigene Leben selbst zu bestimmen.

In Werder bildete sich Ende der 1940er-Jahre eine Gruppe Jugendlicher, die innerlich und offen gegen die beginnende kommunistische Diktatur opponierte. Im Juni 1951 kam es in Werder zu massiven Festnahmen. Das sowjetische Sicherheitsorgan MGB und das Ministerium für Staatssicherheit der DDR konstruierten eine angebliche „antisowjetische Widerstandsgruppe“, die Spionage und Sabotage betrieben habe.

Auch Johanna und Karl-Heinz Kuhfuß wurden in diesem Zusammenhang festgenommen. Die sowjetischen Ermittler behaupteten, Karl-Heinz habe Kennzeichen sowjetischer Militärfahrzeuge notiert und diese Informationen an einen früheren Schulkameraden übermittelt, der inzwischen in West-Berlin lebte.

Johanna wurde laut späteren Zeugenaussagen „nur deshalb“ mit verhaftet, weil sie dabei war – sie wurde durch bloße Nähe mitschuldig gemacht.

Am 15. Januar 1952 wurden Johanna und Karl-Heinz Kuhfuß in einem Kurzprozess zum Tode durch Erschießen verurteilt. Die Geschwister waren zu diesem Zeitpunkt 23 und 21 Jahre alt.

Am 3. Oktober 1997 rehabilitierte die Russische Hauptmilitärstaatsanwaltschaft Johanna und Karl-Heinz Kuhfuß vollständig. Die Urteile wurden als politisch motiviert, nicht rechtsstaatlich und ohne rechtliche Grundlage eingestuft.

Am 21. November 2025 wurden in der Carmenstraße 1 in Werder (Havel) zwei Erinnerungstafeln für Johanna und Karl-Heinz Kuhfuß angebracht.

Foto: H.Klix

An der feierlichen Anbringung nahmen unter anderem Dr. Anke Giesen (Vorstand von MEMORIAL Deutschland e. V.), Dr. Maria Nooke (Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur), der erste Beigeordnete der Stadt Werder (Havel) Christian Große, sowie der Berliner Aufarbeitungsbeauftragte Frank Ebert teil.

Christian Große, Dr. Maria Nooke, Dr, Anke Giesen. Foto: H.Klix

Ebenfalls anwesend war Werner Bork, ein Jugendfreund der Geschwister Kuhfuß, der in den frühen 1950er-Jahren gemeinsam mit ihnen und anderen Jugendlichen in Werder gegen die kommunistische Diktatur protestiert hatte.

Werner Bork, Foto: H.Klix

Auch Prof. Dr. Sigurd Blümcke, ein weiterer Zeitzeuge und aktiver Teilnehmer der politischen Protestaktionen in Werder, hat mit einem Vortrag an der Zeremonie teilgenommen.

Sigurd Blümcke, Foto: H.Klix

Haus an der Carmenstraße 1. Foto: H.Klix

Weitere Informationen:

Irus Bork-Goldfield „Wir wollten was tun“ – Widerstand von jugendlichen in Werder an der Havel 1949-1953

Prof.Dr.Sigurd Blümcke Jugend, Widerstand und Haftzeit 1944-52 – Wir liebten nur einen Sommer

Johanna Fabel Jugendlicher Widerstand und sein Preis: Werderaner Schüler in den Erinnerungen der Zeitzeugen


Dokumentarfilm von Iris Bork-Goldfield „Wir wollten was tun“